Da mit dem Kaffee meine ganzen Restbestände an Lei
aus vorherigen Besuchen aufgebraucht sind, versuche ich Bargeld aus einem
Bankomaten zu bekommen. Viermal scheitere ich, obwohl das Maestro-Schild
darüber prangt, auch die österreichische Volksbank gibt mir
kein Geld. Die meisten Gewinne machen österreichische Banken inzwischen
mit rumänischen Kunden, nicht mit österreichischen, habe ich
irgendwo gelesen. Erst der Automat der BRD erbarmt sich meiner und spuckt
die geforderte Summe aus.
Mein obligatorischer Rundgang durch die wichtigsten Buchhandlungen der
Stadt mit der Frage, ob es Literatur über Roma gibt (Tigani sage
ich, um nicht wieder zu den Reiseführern über Rom geschickt
zu werden). Nein, es gibt weiterhin keine rumänischen Bücher
über die größte Minderheit dieses Landes, die ca. 8-10%
der Bevölkerung ausmacht. Es hätte ja zumindest sein können,
dass sich das geändert hat, aber das neue Rumänien scheint die
Roma übersehen zu haben zu haben auf seinem Weg der Modernisierung,
die kommen offiziell nur in den Flüchen des Präsidenten vor.
Auf dem Rückweg schaue ich wie immer in der orthodoxen Kathedrale
vorbei, deren mystisches Halbdunkel mich immer fasziniert hat. Jetzt bestrahlen
zwei riesige Halogenscheinwerfer wie auf einem Fußballplatz mit
gleißendem Licht den Platz die Mitte des großen freien Raumes,
wo eine Ikone und ein Evangeliar zur Verehrung aufgestellt sind. Erstmals
sehe ich, was darauf abgebildet ist: Es ist eine Szene der Grablegung,
sie ist allerdings kaum mehr erkennbar, die vielen Küsse haben die
Farbe schon fast abgetragen. Als ich nach oben auf die Ikonostase und
die Kuppel schauen möchte, blenden mich die Scheinwerfer.
Um 18:30 Uhr gehe ich zur Vesper, um Pater A. zu treffen. Er kommt mit
zwei Wanderstöcken herein und begrüßt mich freundlich.
Anschließend gibt es noch ein interessantes Gespräch über
evangelikale Gruppierungen und Freikirchen, auch im Mädchenhaus,
das von C. geleitet wurde, scheint der Umgang mit der Bibel sehr einseitig
zu geschehen. Es gebe in Recas 30 oder 40 Freikirchen, die alle gegründet
worden seien, um zollfrei Waren einführen zu können, sagt Pater
A.. Der Staat hat das dann unterbunden und auch Pater A. benötigte
immer einen Stempel von der Caritas, um Hilfsgüter einführen
zu können, da Spenden von Pfarre zu Pfarre nicht mehr möglich
waren. Nach dieser Änderung des Gesetzes sei die Zahl der Freikirchen
zurückgegangen. Er habe einmal Betten von der Tischlerei zum Mädchenhaus
geführt und seine Mitarbeiter aus der Pfarre hätten in der Zwischenzeit
rauchend auf ihn gewartet. Da sei erstmals bei C. auch Zweifel aufgekommen,
ob alle, die rauchen, wirklich böse seien und in die Hölle kämen.
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