Rumänisches Tagebuch
Gernot Haupt

Freitag, 17. 8. 2007 | Samstag, 18. 08. 2007 | Sonntag, 19. 08. 2007
Montag, 20. 08. 2007 | Dienstag, 21. 08. 2007 | Mittwoch, 22. 08. 2007
 
Mittwoch, 22. 8. 2007
Um 9:00 Uhr habe ich mit Herrn G. von der Caritas einen Termin vereinbart. Er ist wie immer sehr freundlich und erklärt mir den aktuellen Stand, was die Tagesstätte betrifft. Da Herr B. noch nicht zurückgerufen hat, gehe ich kurz entschlossen ins Ordinariat und suche ihn in seinem Büro auf. Herr B. ist etwas überrascht, erklärt sich dann aber doch zu einem Gespräch bereit und geht mit mir in einen Raum, in dem wir ungestört sind, also zurück zur Caritas, wo uns Herr G. ein Besprechungszimmer aufschließt. In diesem Gespräch kann Herr B. seine Skepsis gegenüber Roma kaum verbergen, was er mit vielen Beispielen belegt.
Anschließend an diese geistigen Gespräche meldet sich auch mein Hunger und ich rufe L. an, eine rumänische Freundin, um sie zum Essen einzuladen. Wir gehen in ein neu eröffnetes Restaurant in ihrer Straße am Stadtrand. Ich bestelle – aufgrund einiger Erfahrungen – das teuerste Gericht, in der Hoffnung, es sei genießbar. Tournedos à la Rossini steht auf der Speisekarte. Es entpuppt sich als Kartoffelpüree mit zwei Stück Gulaschfleisch und zwei Stück Nieren und kostet 24 Lei, mehr als die Hälfte einer Monatspension einer Mindesrentnerin, die ich nachmittags besuchen werde.
 
Um 16:30 Uhr bin ich vereinbarungsgemäß wieder in P., um die letzte Runde an Gesprächen durchzuführen. Wir besuchen in der Kolonie ein junges, knapp 18-jähriges Mädchen mit 8 Klassen Schulbildung, die bei Delphi arbeitet, einem Autozulieferbetrieb, der aus dem Burgenland abgewandert und sich in Rumänien niedergelassen hat. Ein junger Mann, der nach 12 Schuljahren und einer absolvierten Berufsschule ebenfalls fix angestellt ist, und der oben bereits erwähnten Pensionistin der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft mit 40 Lei Pension im Monat (~13 Euro) sind GesprächspartnerInnen.
 
Nach den Gesprächen, für die alle Sessel der umliegenden Häuser zusammengeholt werden müssen und die im Freien stattfinden, weil in den Häusern kein Platz zum Sitzen ist, besuchen wir noch den armen orthodoxen Friedhof gleich neben dem jüdischen Friedhof, die im Osten des Dorfes liegen.
 

Im Westen liegt der reiche orthodoxe Friedhof mit weißen Marmorgräbern. Am nächsten Morgen fahre ich dann auch nach Westen, nach Hause. Der Armenfriedhof und die, die auf ihn warten, bleiben zurück, aber die Lebensgeschichten der Roma von P. begleiten mich, sie habe ich zu verbreiten versprochen, damit sich die Aufmerksamkeit im reichen Westen auch auf sie richtet.

 
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