Rumänisches Tagebuch
Gernot Haupt

Freitag, 17. 8. 2007 | Samstag, 18. 08. 2007 | Sonntag, 19. 08. 2007
Montag, 20. 08. 2007 | Dienstag, 21. 08. 2007 | Mittwoch, 22. 08. 2007
 
Sonntag, 19. 8. 2007
Um 8:30 Uhr Gottesdienst, Pater A. zelebriert. Er kann wegen der Sprachschwierigkeiten nicht mehr selbst predigen. Bei den Liedern ist er aber immer noch ½ Takt voraus, weil ihm der Organist die Melodien zu langsam und zu wenig schwungvoll intoniert.
Um 10:00 gehe ich in den Dom, da dort eine deutsche Messe von Herrn B. angekündigt war. Nach dem Gottesdienst besuche ich Herrn B. noch in der Sakristei, aber ein deutscher Pfarrer auf Rumänienbesuch, der den Gottesdienst in der Bank vor mir mitgefeiert hat, war schon vor mir in die Sakristei geeilt. Er lässt sich wegen Übernachtungsmöglichkeiten auf der Fahrt nach Hermannstadt beraten und bekommt viele Tipps, in welchem Kloster man auch gutes Essen bekommt, deshalb muss ich ein wenig warten. Dann erkläre ich Herrn B. mein Anliegen, ich möchte mit ihm ein Interview über Roma-Pastoral führen. Ich hinterlasse meine Visitenkarte und Handynummer und er verspricht, mich anzurufen und einen Kontakt zum Generalvikar herzustellen.
Anschließend spaziere ich nach Hause und versuche am Nachmittag, mein Referat für die Jahrestagung der Gypsy-Lore-Society in Manchester zu formulieren, mit mäßigem Erfolg, da ich aufgrund der großen Hitze dabei einschlafe. Deshalb gehe ich am späteren Nachmittag noch einmal laufen. Dabei komme ich bei einem Geschäft vorbei und notiere mir die Preise:
1 Brot - 1,18 Lei / 1 l Milch – 1,95 Lei / 1 Bier – 1,45 Lei / 1 l Mineralwasser – 0,60 Lei
Pensionisten, die ihr ganzes Leben in der Kolchose gearbeitet haben, bekommen durchschnittlich 80 - 90 Lei im Monat, können sich damit also 1 Brot und 1 l Milch pro Tag kaufen, dann ist die Pension aufgebraucht. Ein Pensionist, der bei der Gemeinde und in einer Fabrik gearbeitet hat, bekommt 200 Lei im Monat. Später am Abend spaziere ich noch in die Stadt und esse in einem gewöhnlichen Restaurant in der Innenstadt eine traditionelle „tocanita cu mamaliga“ (Gulasch mit Polenta) und trinke ein alkoholfreies Bier dazu, das kostet 19,90 Lei, also ¼ Monatspension. Ich hatte lange daran zu kauen, nicht nur, weil das Fleisch zäh war.
Gleich hinter der Kathedrale komme ich auf dem Heimweg bei einem äußerlich unscheinbaren Haus vorbei, davor steht ein chromblitzender schwarzer Mercedes-Geländewagen mit deutschem Kennzeichen, dahinter ein Hummer mit Frankfurter Kennzeichen, aus dem einige offensichtliche Roma-Frauen mit langem Haar und bunten langen Röcken Koffer auspacken, Anzüge und Säcke mit Toilettepapier und diese ins Haus tragen. Stumm gehe ich schlafen.
 
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